"It is an honour that I dream not of." Den Spruch habe ich in der Schulzeit mal gelesen (und eigentlich war er die Antwort von Juliet in "Romeo and Juliet" auf die Frage ihrer Mutter, was sie über's Heiraten denkt). Damals dachte ich jedenfalls, in meinem Fall wäre dieser Satz vielleicht die perfekte Antwort auf die Frage, wie ich es fände, sexuell begehrt zu werden. It is an honour that I dream not of, irgendwie wäre es ein Kompliment, eine Ehre, aber irgendwie auch keine, die ich mir wünschen würde oder mit der ich etwas anfangen könnte.
Ja, irgendwann, vor einigen Jahren, fing ich an zu merken, dass ich mich wahrscheinlich am ehesten irgendwo im Asexuell-Spektrum befinde. Dass es ein Wort dafür gibt, habe ich aber erst später erfahren.
Bis vor wenigen Monaten habe ich irgendwie mit kaum jemandem darüber gesprochen, dass dies meine sexuelle Orientierung ist, außer mit den Menschen, die mir romantisch nah waren. Nicht, weil es mir unangenehm wäre, nein, das war es eigentlich nie. Ich dachte eher, warum soll ich darüber reden, sexuelle Leute erzählen ja auch nicht unbedingt einfach so, dass sie allosexuell sind, oder?
Ich denke, egal, was für eine sexuelle oder romantische Orientierung man hat, muss man es den anderen nicht sagen, außer vielleicht, wenn man ihnen auf bestimmte Weise näher kommt. Denn die eigene Orientierung gehört ja nur einem selbst. Ich denke außerdem, es ist nicht nur okay, für sich zu behalten, wo man selbst sich einordnen würde, sondern es ist auch okay, wenn man sich einfach nirgendwo einordnen möchte, also für das, was man selbst empfindet, einfach gar keine Kategorie und kein Label benutzt.
Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich jetzt doch darüber reden möchte, über das Asexuell-Spektrum. Und zwar, weil ich auch denke, dass das anderen vielleicht helfen kann. Denn es ist ja leider so, dass gerade die sexuellen und romantischen Orientierungen, die nicht so häufig sind, in unserer Gesellschaft immer noch teilweise ignoriert, nicht so gut verstanden, oder sogar runtergemacht werden. Während zum Beispiel Homosexuelle sogar manchmal beschimpft werden, werden Asexuelle eher einfach häufig vergessen, oder bemitleidet, oder ihnen wird erklärt, das sie in Wirklichkeit ja nur den oder die Richtige*n finden müssten. Ich vermute, das hat auch damit zu tun, dass die romantische und sexuelle Liebe zwischen einem Mann und einer Frau in unserer Kultur lange Zeit als der Standard galt, und viele wahrscheinlich auch heutzutage noch verinnerlicht haben, dass sie eben das "Normale" ist. Religion und Traditionen werden hier (auch unterbewusst) einen Einfluss auf uns und die Menschen um uns herum haben. Aber auch, wenn man beispielsweise in moderne Bücher, Filme oder Musik schaut, wird einem so oft das Ideal einer romantischen und sexuellen partnerschaftlichen Liebe zwischen genau einem Mann und genau einer Frau begegnen. Ich denke, diese und andere Faktoren tragen dazu bei, dass uns oft nicht so richtig präsent ist, dass es auch noch viele andere genauso normale und genauso gute und genauso schöne sexuelle Orientierungen und Formen von Liebe und Partnerschaft gibt. Und es tut mir wirklich wahnsinnig leid, wenn ich an dieser Stelle etwas Falsches über meinen Lehrer*innen sage, aber, wenn ich mich richtig erinnere, wurden zum Beispiel Asexualität, Demisexualität, Grau-Asexualität usw. auch damals im Sexualkundeunterricht gar nicht thematisiert. Ich glaube, ich war schon 17, als ich zum ersten Mal überhaupt las, dass es ein Wort für das gibt, was ich schon länger empfunden hatte.
Ich persönlich habe nicht gelitten, als ich es noch nicht wusste. Aber ich denke schon, dass es für manche Personen sehr wichtig wäre, schon in der Pubertät zu erfahren und zu erleben, dass sie selbst, ihre Sexualität und ihre Romantik vollkommen in Ordnung sind, und dass sie nicht alleine sind, auch, wenn ihre Orientierung sich von der der Mehrheit unterscheidet.
Außerdem denke ich, es wäre für uns alle bereichernd und hilfreich, uns damit zu beschäftigen, wie es ist, wenn man anders fühlt, als wir selbst es tun. Und wenn man beispielsweise zu einer Gruppe mit einer anderen oder selteneren sexuellen Orientierung gehört. So könnten wir alle darüber nachdenken, wie wir Diskriminierung und Unwohlsein vorbeugen und verhindern können. Damit wir so harmonisch wie möglich miteinander umgehen können, und außerdem, weil es wirklich interessant ist!
Deshalb rede ich jetzt über meine Orientierung und habe auch dieses Video gemacht, in der Hoffnung, dass es vielleicht auch nur einer Person dabei hilft, Asexualität besser zu verstehen oder sich selbst nicht alleine zu fühlen:
Außerdem ist übrigens gerade #Aceweek, eine Woche, in der mit verschiedenen Aktionen darauf aufmerksam gemacht wird, dass es das Spektrum der Asexualität gibt. Dieses Jahr dauert sie vom 25. bis 31. Oktober. https://www.aceweek.org/
Auch sehr informativ und gut zusammengefasst finde ich das Video "7 Things Asexual People Want You To Know": https://www.youtube.com/watch?v=i14YMpKS_CY
Ich möchte mit diesem Post natürlich nicht sagen, dass ihr alle allen Leuten von eurer sexuellen Orientierung erzählen sollt. Ihr könnt das, aber niemand muss oder sollte darüber reden, wenn er nicht möchte. Doch alle sollten sich wohlfühlen und sich annehmen können, so, wie sie sind. Das ist wichtig, und vor allem das möchte ich sagen. ♡
(Warum in der Überschrift etwas von Kuchen steht? Weil es manchmal heißt, Asexuelle würden über Kuchen anstatt über Sex reden. :D )
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