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Für uns alle - Kommentar zu einer Studie

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Inhalt:

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Für uns alle: Das Wichtigste in Kurz

Obst pflücken

1. Könnten in einer veganen Welt alle satt werden? - Intro

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1.1 Ackerland: Könnten wir das Tierfutter selbst essen?

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1.2 Weideland: könnte man hier auch Lebensmittel anbauen?

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1.3 Ergebnis: pflanzlich könnten alle satt werden! 

1.3 Kommentar und Korrektur(?) zu einer Studie zur Welternährung:
Redefining Agricultural Yields – was Cassidy et al. übersehen haben könnten und warum das an ihrem Ergebnis wahrscheinlich wenig ändert

 

Wieviele Menschen könnten wir ernähren, wenn wir alles, was auf unserem Ackerland wächst, selbst essen würden, anstatt Teile davon an "Nutztiere" zu verfüttern oder Biokraftstoffe etc. daraus zu gewinnen? Diese Frage haben sich Emily Cassidy und andere gestellt, und 2013 eine Studie dazu veröffentlicht.

Nachzulesen ist diese Studie hier:

Emily S. Cassidy - Paul C. West - James S. Gerber - Jonathan A Foley: Redefining Agricultural Yields: from Tonnes to People Nourished per Hectare (August 2013), in: Environmental Research Letters 8(3):034015: https://www.researchgate.net/publication/258310295_Redefining_Agricultural_Yields_from_Tonnes_to_People_Nourished_per_Hectare.

Cassidy et al haben 41 Pflanzen analysiert, die zu den häufigsten Anbaupflanzen gehören und über 90 Prozent der weltweiten Kalorienprodukion ausmachen. All diese Pflanzen enthalten zusammen pro Jahr 9.460.000.000.000.000 kcal. (S. 2, 4) Ich nehme an, hiermit sind nur die Kalorien gemeint, die für Menschen aufnehmbar sind, d. h.: die sich z. B. in Getreidekörnern und anderen für uns essbaren Pflanzenteilen befinden. 

Wenn man nun noch weiß, wieviele Kalorien ein Mensch pro Tag zu sich nehmen sollte, – Cassidy et al. gehen von 2700 kcal aus (S. 4) – dann kann man sich nun ausrechnen, wieviele Menschen wir allein von unserem jetzt schon genutzten Ackerland ernähren könnten, würden wir alle Pflanzen direkt selbst essen. Dies berechnen die Autor*innen auch. Sie geben das Ergebnis nicht in absoluten Zahlen an, doch die Kalkulation scheint mir simpel und wenig kontrovers zu sein, sodass ich relativ sicher bin, dass sie folgenede Rechnung gemacht haben:

9.460.000.000.000.000 kcal / (365,25 x 2700 kcal) = 9.592.617.943.

Ungefähr 9.592.617.943 Menschen pro Jahr könnten also allein vom Acker ernähren, wenn wir alle Pflanzen selbst äßen und keine mehr für die "Nutztierhaltung", Biokraftstoffe oder andere Zwecke verwendeten.

Weil ich es für meine Zwecke interessant fand, habe ich mit ihren Zahlen zusätzlich ausgerechnet, wieviele Menschen wir ernähren könnten, wenn wir zwar weiterhin Pflanzen industriell oder für Kraftstoffe gebrauchen, aber auf die Tiernutzung verzichten würden: 9 % der Pflanzen werden derzeit für Biokraftstoffe und andere Nicht-Nahrungs-Zewcke genutzt. (S. 4) Also ziehe ich diese ab und rechne nochmal:

(9.460.000.000.000.000 kcal * 0,91) / (365,25 x 2700 kcal) = 8.729.282.328.

Ungefähr 8.729.282.328 Menschen pro Jahr könnten wir also allein vom Acker ernähren, wenn wir weiterhin Biokraftstoffe etc. herstellen, aber uns alle vegan ernähren würden.

An der Richtigkeit der Berechnung der Anzahl von Menschen, die man so, mit einer veganen Ackernutzung, ernähren könnte, sehe ich bislang keinen Grund zum Zweifeln.

Für wieviele Menschen reicht unsere Nahrung momentan?

Allerdings fiel mir etwas auf an ihrem Ergebnis dazu, wieviele Menschen wir aktuell ernähren. Die Forschenden ermitteln dies, wenn ich sie richtig verstanden habe, auf folgende Weise:

 

Zunächst stellten sie fest, dass aktuell 55 % der Kalorien aus Ackerpflanzen direkt zur menschlichen Ernährung genutzt werden. 36 % werden an Tiere verfüttert, und 9 % für Biokraftstoffe und andere Nicht-Nahrungs-Zewcke genutzt. (S. 4)

Dies stimmt recht gut damit überein, was auch Poore und Nemeck in ihrer Studie zeigen: 55 % der 9.460.000.000.000.000 kcal, die wir nach Cassidy et al. jährlich auf dem Acker produzieren (S. 4), sind 5.203.000.000.000.000 kcal. So viele nehmen alle Menschen zusammen nach Cassidy et al. jährlich durch Pflanzen zu sich.

Laut Poore et al. nehmen wir täglich 2.052 kcal über Pflanzen auf (1, Supplementary: S. 39 f.). Bei 6,9 Milliarden Menschen, die lebten, als diese Daten erfasst wurden, wären das 2.052 * 365,25 * 6,9 Mrd. = 5.171.501.700.000.000 kcal insgesamt pro Jahr – also eine ähnliche Zahl wie in der Cassidy-Studie.

Wenn ein Tier nun Kalorien aus Pflanzen aufnimmt, landen nicht alle dieser Kalorien später auch wieder in essbaren Tierprodukten wie Fleisch oder Eiern. Denn die Tiere verbrauchen einen Teil der Kalorien selbst, beispielsweise für ihre eigene Bewegung und Körperwärme.

Die Autor*innen der Cassidy-Studie gehen davon aus, dass dabei von den pflanzlichen Kalorien aus dem Tierfutter 89 % verloren gehen. Wenn wir also 11 kcal aus einem Tierprodukt zu uns nehmen, musste das Tier vorher 100 kcal aus pflanzlicher Nahrung  aufnehmen.

Das würde bedeuten, dass von den 36 % der an Tiere verfütterten pflanzlichen Kalorien vom Acker am Ende nur 4 % wieder in unsere Nahrung gelangen.  (S. 4)

 

Wenn ich sie richtig verstanden habe, basieren auf dieser Rechnung schließlich weitere ihrer Schlüsse: an diesem Ergebnis machen die Forschenden fest, wieviele Kalorien wir heute zum Essen zur Verfügung haben, und wie groß der Unterschied in der Kalorienmenge ist zwischen der aktuellen und einer veganen Ackernutzung. Deshalb möchte ich genauer untersuchen, ob 89 % der richtige Wert ist.


Um herauszufinden, dass 89 % der pflanzlichen Kalorien verloren gehen, wenn wir die Pflanzen an Tiere verfüttern, stellten die Autor*innen zunächst fest, wie effizient einzelne Tiere die Kalorien aus pflanzlicher Nahrung umsetzen.

Da es in dieser Studie nur um die Nutzung von Ackerpflanzen geht, haben sie dabei ausschließlich Tiere betrachtet, die nur oder hauptsächlich vom Acker gefüttert werden:

"Our analysis only considers the production of meat and dairy production from animal feed; grazing systems for animal production are not evaluated here. Naturally, animal grazing introduces calories into the food system that did not originate in feed crops; accordingly, beef cattle grazing was accounted for by including only beef that was produced in landless or mixed crop–livestock systems [12]. Additionally, other ruminants (goats, sheep, etc) were not considered in this study, as they typically do not consume feed grains." (S. 3)

In einer Tabelle geben sie die Umwandlungs-Effizienz von pflanzlichen Kalorien durch "Nutztiere" an. Dieselbe Betrachtung, die sie dabei in Bezug auf Kalorien machen, machen sie auch in Bezug auf Proteine:

 

Die Frage, die ich mir hierbei gestellt habe, ist die folgende: Um auszurechnen, wieviele Kalorien oder Proteine uns für unsere Ernährung verloren gehen, müssen wir natürlich in die Berechnung der Umwandlungs-Effizienz auch nur die pflanzlichen Kalorien / Proteine einbeziehen, die für uns Menschen esssbar wären. Darauf gehe ich hier genauer ein. Wird dies in der Studie berücksichtigt?

Tiere fressen auch Ernterückstände oder Nebenprodukte wie Halme, Stiele und andere Pflanzenteile, die wir Menschen nicht verdauen können, und die aber auch auf dem Acker wachsen. Wenn wir wissen wollen, wieviel effizienter es wäre, alle Ackerpflanzen selbst zu essen, müssen wir berechnen, wie viele für uns essbare Kalorien / Proteine ein Tier zu sich nimmt, pro Kalorie / kg Protein im späteren Tierprodukt.

In der Studie von Cassidy et al. habe ich keinen expliziten Hinweis darauf gefunden, dass dies berücksichtigt wurde.

 

Um sicherer zu gehen, wollte ich ihre Zahlen mit den Zahlen aus anderen Studien vergleichen. Dies war nicht einfach, denn anders als Cassidy et al. errechnen viele Forschende nicht die Umwandlungs-Efizienz nur vom Acker gefütterter Tiere, sondern beziehen auch die von Weidetieren in ihr Ergebnis mit ein. Doch eine Studie fand ich, in der verschiedene Umwandlungs-Effizienz-Werte recht genau nach Tierart und Fütterungsweise aufgeschlüsselt waren. Diese Studie von Anne Motett et al. (2017) beschäftigt sich mit der Umwandlung von Proteinen.

Zu finden ist sie hier: Anne Motett - Cees de Haan - Alessandra Falcucci - Guiseppe Tempio - Carolyn Opio - Pierre Gerber: Livestock: on our plates or eating at our table?  A new analysis of the feed/food debate (2017), in: Global Food Security 14, S. 1 - 8:

https://www.researchgate.net/publication/312201313_Livestock_On_our_plates_or_eating_at_our_table_A_new_analysis_of_the_feedfood_debate

https://macaulaylab.berkeley.edu/wp-content/uploads/2016/01/LivestockFeed2017.pdf

Um so nah wie möglich an die tatsächlichen Werte heranzukommen, bei der Frage, wie effizient ein Tier Proteine vom Acker umsetzt, habe ich aus Motetts Tabelle die Zahlen für solche Tiere entnommen, die wahrscheinlich zum größten Teil vom Acker gefüttert werden: Feedlot-Rinder, industriell gehaltene Schweine und Nicht-Backyard-Hühner. Bei den Hühnern habe ich betrachtet, wieviele Proteine aus Legehennen und wieviele aus Hähnchen gewonnen werden, und anhand dessen die durchschnittliche Umwandlungs-Effizienz errechnet.

Motett et al.haben hier hier explizit nicht angegeben, wieviele kg für Menschen essbare Proteine ein Tier zu sich nimmt, sondern nur, wieviele kg Proteine es überhaupt zu sich nimmt. Trotzdem sind ihre Werte relativ nah an denen, die Cassidy et al. benutzen.

In der Motett-Studie finden sich weitere Zahlen für die Protein-Umwandlungs-Effizienz. Zum Glück auch solche, die explizit angeben, wieviele kg für Menschen essbare Proteine ein Tier zu sich nimmt, pro späteren kg Protein im Fleisch. Diese Werte sind weniger nah an den Werten, die Cassidy et al. benutzt haben:

 

(Um herauszufinden, wie effizient ein Tier Proteine vom Acker umsetzt, habe ich aus Motetts Tabelle wieder nur die Zahlen für solche Tiere entnommen, die wahrscheinlich zum größten Teil vom Acker gefüttert werden: Feedlot-Rinder, industriell gehaltene Schweine und nicht-backyard-Hühner. Dabei nahm ich die sogenannten Feed-Conversation-Ratio-3-Werte, in denen mit einbezogen wurde, dass das Soja aus dem "soybean cakes" genannten Futtermittel im Prinzip für Menschen essbar wäre.

Ähnlich, aber etwas effizienter noch erscheinen die Tiere in Anbetracht der Zahlen in Wilkinsons Studie für 'cereal' beef, pig meat und poultry meat. Er hat ebenfalls ausgerechnet, wieviele Proteine aus dem für Menschen essbaren Futter übrig bleiben. Allerdings hat er bei Schweinen und Hühnern nicht, wie Motett, zwischen industriell und in Hinterhöfen gehaltenen Tieren unterschieden, also fließen in seine Rechnung vermutlich nicht ausschließlich Tiere ein, die nur von Ackerpflanzen gefüttert wurden. Zudem beziehen seine Daten sich nur auf UK, während die von Motett sowie Cassidy einen möglichst weltweiten Überblick geben sollen. Aus diesen Gründen vergleiche ich Cassidys Daten hier hauptsächlich mit denen von Motett.) (2)

Es scheint also, als ob Cassidy et al. in ihrer Studie etwas übergangen haben könnten, was für das Ergebnis relevant ist. Anscheinend haben sie ausgerechnet, wieviele Proteine in Fleisch etc. übrig bleiben, von denen, die im gesamten pflanzlichen Ackerfutter enthalten sind. Dabei wäre es für ein treffenderes Ergebnis sinnvoll gewesen, nur auszurechnen, wieviele von den für Menschen essbaren Proteinen aus den Futterpflanzen übrig bleiben.

 

Eine ähnliche Kritik an ihrer Studie führen Shepon et al. an:

"One notable effort (Foley et al 2011, Cassidy et al 2013,) suggested that global reallocation to direct human consumption of both feed and biofuel crops can sustain four billion additional people. Yet, most cultivated feed (corn, hay, silage) is human ined-ible and characterized by yields well above those of human edible crops." (3)

 

Vielleicht haben Cassidy et al. also wirklich außer Acht gelassen, dass nicht alle in den Pflanzen enthaltenen und von Tieren verwertrbaren Proteine auch für Menschen essbar sind. Wenn das stimmt, ist anzunehmen, dass dieser Punkt nicht nur Bezug auf Proteine, sondern auch in Bezug auf Kalorien übersehen wurde.

Dies könnte ihr Ergebnis darüber, wieviele Kalorien wir zur Zeit mit unserer auch tierischen Landwirtschaft zum Essen verfügbar machen, und wie viele uns durch die Tiere zum Essen verloren gehen, verzerrt haben.

Von der evtl. lückenhaften Rechnung hängt ab, wieviele Kalorien aus den Futterpflanzen verloren gehen, und wieviele für uns zum Essen erhalten bleiben, wenn wir diese Pflanzen Tieren geben anstatt sie selbst zu essen. Ihr Ergebnis ist, dass 3 bis 40, oder durchschnittlich 11 % der an Tiere verfütterten Kalorien, und 5 bis 43 % der Proteine für uns zum Essen übrig bleiben.

Wenn man nun aber mit Motetts Daten ausrechnet, wieviele Proteine übrig bleiben, von dem Ackerfutter, das Menschen auch hätten essen können, dann kommen wir auf 21 bis 24 %.

Leider habe ich von Motett et al. nur Daten für Proteine und nicht für Kalorien, und leider fehlen auch die Umsetzungs-Effizienz-Werte für andere Tierprodukte außer Fleisch.

 

Dennoch versuche ich mich annäherungsweise an einer Korrektur:

 

Wieviele Proteine vom Acker hätten wir ohne Tierwirtschaft wirkich mehr?

Derzeit nehmen wir laut Cassidy et al., 40 % der auf dem Acker entstandenen Proteine direkt selbst zu uns, während wir 53 % an "Nutztiere" verfüttern und 7 % für Kraftstoffe etc. nutzen.

 

Wieviele Proteine vom Acker nemen wir nun am Ende also insgesamt zu uns? Das hängt davon ab, wieviele derer, die wir verfüttern, später wieder in Form von Fleisch etc. für uns essbar werden.

In der Cassidy-Studie steht, dass von unseren in Ackerpflanzen entstandenen Proteinen nur 49 % insgesamt für uns zum essen übrig bleiben (S. 4), wenn wir 40 % direkt pflanzlich verzehren und 53 % an "Nutztiere" verfüttern. (S. 3) Das würde bedeuten, dass ihrer Rechnung nach von den verfütternten essbaren Proteinen nur 9 von 53, also ca. 17 % übrig bleiben.

Die Autor*innen berechnen so, dass wir die Menge der für uns verfügbaren Proteine verdoppeln könnten, würden wir alle Ackerpflanzen direkt selbst zu uns nehmen (also keine mehr als Futter oder Kraftstoff etc. verwenden). Denn anstatt 49 % nähmen wir dann 100 % der pflanzlichen Proteine auf: "Of the total plant protein produced, only 49% is delivered as plant and animal protein to the food system. Therefore, shifting all crop production to direct human consumption could double protein availability." (S. 4)

Die gilt allerdings nur unter der Annahme, dass wir momenten lediglich 49 % der Menge an pflanzlichen Kalorien, direkt oder durch Tierprodukte, zu uns nehmen. Und diese Annahme basiert wiederum auf dem Ergebnis, dass nur 17 % der pflanzlichen Kalorien, die wir an Tiere verfüttern, wieder über Tierprodukte für uns verfügbar werden.

Nach den Zahlen von Motett (und Wilkinson), die sich (eindeutiger als die von Cassidy) nur um für Menschen essbare Proteine im Tierfutter drehen, ist die Umwandlung durch Tiere jedoch effizienter. Ihnen zufolge nehmen "Nutztiere" ca. 4,1 bis 4,8 kg für uns essbare pflanzliche Proteine zu sich, pro 1 kg Protein im essbaren Fleisch. Das heißt, wenn wir Ackerpflanzen an Tiere verfüttern und dann deren Fleisch essen, bekommen wir zwischen 21 und 24 % der für uns essbaren Proteine, die wir investiert haben, wieder zum essen zurück. Nach Wilkinson ist die Produktion von Milch und Eiern etwas effizienter. Daher rechne ich hier mit einem Spielraum von 21 bis 25 % erhaltener Proteine. 

Meiner Rechnung nach bleiben also 21 bis 25 % anstatt 17 % übrig. Das hieße, dass wir derzeit anstatt 49 % ca. 51,13 - 53,25 % der Proteine zu uns nehmen, die in unseren Ackerpflanzen entstehen, 11,13 bis 13,25 davon über Tierprodukte. (Denn: 21 bzw. 25 % von den 53 % der an Tiere verfütterten Proteine sind 11,13 bzw. 13,25 %. Diese addieren wir zu den 40 % Proteinen, die wir direkt über Pflanzen aufnehmen.)

Wenn wir also alle Pflanzen vom Acker selbst äßen, dann hätten wir nicht ganz das Doppelte der jetzigen Menge, aber immerhin das 1,96-fache oder 1,88-fache an Proteinen zur Verfügung (100 / 51,13 = 1,96 und 100 / 53,25 = 1,88). Wir könnte die Menge der verfügbaren Proteine also immer noch fast verdoppeln. An Cassidys Konklusion ändert sich also sehr wenig, selbst, wenn man die kritisierten Zahlen korrigiert.

Wieviele Proteine hätten wir in einer veganen Welt im Vergleich zu jetzt?

Für meine Zwecke ist es nun noch interessant herauszufinden, wieviele Proteine wir mehr zur Verfügung hätten, wenn wir zwar keine Ackerpflanzen mehr verfüttern, aber weiterhin Pflanzen für Kraftstoffe etc. nutzen würden. Momentan gehen ca. 7 % der pflanzlichen Proteine durch solche Pflanzennutzung drauf.

Wenn wir keine Pflanzen vom Acker mehr verfüttern würden, aber weiterhin Pflanzenkraftstoffe nutzten, würden also 93 % anstatt 51,13 bis 53,25 % der Proteine für uns zum Essen zur Verfügung stehen. Das heißt, wir würden 75 bis 82 % mehr Proteine vom Acker zum Essen verfügbar machen als heute. (93 / 51,13 bzw. 93 / 53,25).

Derzeit gewinnen wir Proteine natürlich nicht nur durch Pflanzen vom Acker oder "Nutztiere", die diese essen, sondern auch durch Weidewirtschaft, Aquakultur und Fischfang. Wieviele Proteine hätten wir in einer veganen Welt insgesamt zur Verfügung im Vergleich zu heute?
 

Wenn wir keine "Nutztiere" mehr vom Acker füttern würden, könnten wir 93 % anstatt 40 % der Proteine vom Acker selbst essen. Wir hätten also (93 / 40 =) 2,325-mal so viele pflanzliche Proteine zur Verfügung wie jetzt. (Dafür hätten wir keine tierischen Proteine mehr.)

Je nach Quelle nehmen wir heute ca. 25 bis über 40 % unserer Proteine über irgendeine Art von Tierprodukten auf. (4) Die übrigen fast 60 bis 75 % nehmen wir also fast vollständig über Pflanzen vom Acker zu uns, denn der Anteil essbarer Algen in unserer Ernährung ist vernachlässigbar gering (Poore et al. Sup). Für "über 40 %" bzw. "fast 60 %" nehme ich im Folgenden einen Wert von 42 % bzw. 58 % an.

In einer ganz veganen Welt würden sämtliche tierische Proteinquellen aus unserer Ernährung verschwinden (100 % minus (25 % bis 42 %)). Dafür hätten wir aber, wie wir gesehen haben, das 2,325-fache an pflanzlichen Proteinen zur Verfügung (2,325 mal (58 % bis 75 %)). Es bleiben also 58 % * 2,325 bis 75 % * 2,325 = 134,85 bis 174,375 %. In einer ganz veganen Welt würden wir also, allein von unserer heute schon genutzten Ackerfläche, ca. 1,35- bis 1,74-mal so viele Proteine zum Essen zur Verfügung stellen wie jetzt! Obwohl wir keine Weidewirtschaft, keine Aquakultur und keinen Fischfang mehr hätten!  


 

 

Wieviel mehr Kalorien hätten wir ohne Tierwirtschaft wirkich mehr?

Leider haben ich keine Angaben darüber gefunden, wie effizient "Nutztiere" die Kalorien aus ihrem Futter in Tierprodukte umwandeln, bei denen erstens nur auf dem Acker gewachsene Futterkalorien betrachtet werden, und zweitens ausgerechnet wird, wieviele für Menschen essbare Futterkalorien ein Tier pro Kalorie Fleisch aufnehmen muss.

 

Ich kann über diese Kalorien-Umwandlungs-Effizienz also nur eine ungefähre Schätzung machen:

 

Nach Cassidys und auch nach Wilkinsons Zahlen, die ich ja aus oben genannten Gründen nicht 1:1 übernehmen möchte, wird ersichtlich, dass meistens mehr Proteine als Kalorien aus den Futterpflanzen im späteren Tierprodukt erhalten bleiben. Die Menge der Proteine, die bleibt, ist je nach Tierprodukt 1- bis 3,33-mal so groß wie die Menge der Kalorien, nach Cassidy et al. Nach Wilkinson ist die Menge der Proteine, je nach Tierprodukt, 0,66- bis 2,4-mal so groß (wieder betrachte ich 'cereal' beef, Schweine- und Hühnerfleisch sowie Milch und Eier).

Nach Motett et al. nehmen die Tiere 4,1 bis 4,8 kg Proteine an für uns essbarem Ackerfutter zu sich, pro kg Protein im späteren Fleisch. Wie wir gesehen haben, bedeutet das umgekehrt, dass 21 bis 24 % der Proteine für uns zum Essen über Tierprodukte übrig bleiben.

Was die Kalorien angeht, müsste also wahrscheinlich ein geringerer Prozentsatz erhalten bleiben.

 

Im Folgenden rechne ich mit 18 Prozent. Dies ist wahrscheinlch noch relativ hoch gegriffen: wenn 18 Prozent richtig wären, blieben im Durchschnitt lediglich 1,17 bis 1,33-mal so viele Proteine wie Kalorien erhalten (wie gesagt müsste der Faktor irgendwo zwischen 0,66 bis 3,33 liegen).

Aus den 36 % der angebauten Pflanzen, die an Tiere verfüttert werden, bleiben also nicht 4 %, sondern 36 % * 0,18 = 6,48 % für unseren Verzehr übrig.

Wenn wir einen Teil unserer Ernte an Tiere verfüttern, dann nehmen wir also nicht 59, sondern rund 61,5 Prozent der auf dem Acker produzierten Kalorien am Ende zu uns, 6,5 davon über Tierprodukte. Das heißt, von allen Kalorien, die wir, direkt oder indirekt, über den Acker zu uns nehmen, kommen ca. 9,5 Prozent aus Tierprodukten (6,5 von 61,5 sind 9,5 Prozent) und ca. 90,5 Prozent direkt aus Pflanzen. Doch tierische Kalorien nehmen wir ja nicht nur über Ackerfütterung, sondern auch über Weidehaltung und Aquakultur auf. Von den Kalorien, die wir insgesamt zu uns nehmen, kommen laut Poore und Nemeck (1) ca. 18 Prozent, oder nach FAO 2016 (5) ca. 13 Prozent aus Tierprodukten, und dementsprechend ca. 82 oder 87 Prozent aus Pflanzen. Die absolute Menge der Kalorien aus pflanzlicher Nahrung vom Acker ist fast identisch mit der absoluten Menge der Kalorien aus pflanzlicher Nahrung insgesamt, denn der Anteil an essbaren Algen ist vernachlässigbar gering (1, Supplementary: S. 39 f.). So kann man ausrechnen, welchen Anteil die tierischen Kalorien vom Acker in unserer Gesamtkalorienzufuhr ausmachen: Dazu verrechnen wir zuerst den Anteil der pflanzlichen Kalorien:

87 % (mit FAO-Daten) / 90,5 % bzw. 82 % (mit Poore-Daten) / 90,5 % = 0,961 (mit FAO-Daten) bzw. 0,906 (mit Poore-Daten).

Diesen Faktor multiplizieren wir mit der Menge der tierischen Kalorien:

0,961 (mit FAO-Daten) bzw. 0,906 (mit Poore-Daten) x 9,5 % = 9,1295 % (mit FAO-Daten) bzw. 8,607 % (nach Poore).

Von den Kalorien, die wir insgesamt zu uns nehmen, stammen also 8,607 (mit Poore-Daten) bis 9,1295 Prozent (mit FAO-Daten) aus Tierprodukten vom Acker gefütterter Tiere. Da insgesamt 13 (mit FAO-Daten) oder 18 Prozent (mit Poore-Daten) unserer Gesamtkalorien in irgendeiner Weise aus tierischer Quelle stammen, folgt, dass ca. 3,8705 (mit FAO-Daten) bis 9,393 Prozent (mit Poore-Daten) unserer über Tiere aufgenommenen Kalorien nicht vom Acker, sondern aus Weideland, Fischfang oder Aquakultur stammen.

Diese Kalorien müssen wir mit einbeziehen, wenn wir errechnen wollen, wieviele Kalorien uns die derzeitige Landwirtschaft insgeamt liefert.

100/(100 - 3,8705) = 1,040263 (mit FAO-Daten)

bzw.

100/(100 - 9,393) = 1,103667 (mit Poore-Daten)
Diesen Faktor multiplizieren wir mit der Zahl der Kalorien, die wir mit Tier- und Pflanzenwirtschaft vom Acker aufnehmen:

 

Vom Acker nehmen wir auf:

9.460.000.000.000.000 kcal * (nicht 0,59 sondern:) 0,615 = 5.817.900.000.000.000 kcal

 

1,040263 * 5.817.900.000.000.000 kcal = 6.052.148.403.975.886 kcal (mit FAO-Daten)
1,103667 * 5.817.900.000.000.000 kcal = 6.421.027.072.963.475 kcal (mit Poore-Daten)

 

6.052.148.403.975.886 kcal bis 6.421.027.072.963.475 kcal stellen wir also jährlich zur Verfügung, wenn wir, wie heute, Landwirtschaft mit Tieren betreiben.

Diesen ungefähren Spielraum habe ich selbst ausgerechnet. Ich nutzte dazu einige Daten aus der Cassidy-Studie. Andere wiederum, aus derselben Studie, die mir aus oben genannten Gründen verzerrt schienen, habe ich mithilfe von Daten aus Motetts und Wilkinsons Arbeiten sowie einer Schätzung zu korrigieren versucht. In die letztentliche Kalkulation einer ungefähren Ober- und Untergrenze der Menge der produzierten Kalorien, flossen zudem bestimmte Daten von Poore et al. und der FAO mit ein.

Das Endergebnis (und zwar auch der niedrigere der beiden Werte, der sich ohne Poores Daten ergibt), ist nah an dem Ergebnis dran, das auch Poore et al. selbst gefunden haben: Sie kommen auf ca. 2494 kcal pro Mensch pro Tag, was bei der damaligen Bevölkerungszahl von ca. 6,9 Milliarden Menschen bedeutet, dass wir insgesamt ca. 6.285.441.150.000.000 kcal jährlich in Form von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln zum Essen verfürbar gemacht haben.

Poore et al. haben, so scheint es, eine andere Methode gewählt, um zu ermitteln, wieviele Kalorien wir über unsere derzeitige Landwirtschaft gewinnen, als Cassidy et al. Dass sie zu einem ähnlichen Ergebnis kommen wie ich, müsste also dafür sprechen, dass Cassidys Rechenweg und meine korrigierten Daten ungefähr richtig sind.


Wieviele Menschen könnten wir damit nun mit der täglich empfohlenen Kalorienmenge von 2700 kcal versorgen?
6.052.148.403.975.886 kcal / (2700 kcal * 365,25) = 6.136.992.323 (mit FAO-Daten)

6.421.027.072.963.475 kcal / (2700 kcal * 365,25) = 6.511.042.232 (mit Poore-Daten)
Menschen werden insgesamt satt, bei einer Landwirtschaft mit Tieren.

Auch dieses Ergebnis passt gut zu dem, das aus der Studie von Poore et al. folgt: Ca. 6,376 Milliarden Menschen hättn wir mit täglich 2700 kcal versorgen können.

Wieviele Menschen könnten wir also mehr ernähren?

Unberührt von meiner Korrektur bleibt das Ergebnis von Cassidy et al., dass wir ca. 9.592.617.943 Menschen pro Jahr allein vom Acker ernähren könnten, wenn wir alle Pflanzen selbst äßen und keine mehr für die "Nutztierhaltung", Biokraftstoffe oder andere Zwecke verwendeten.

In ihrer Studie schreiben sie nun, derzeit wären es rund 4 Milliarden weniger: "Therefore, shifting the crop calories used for feed and other uses to direct human consumption could potentially feed an additional ∼4 billion people." (S. 4) Wie stark ändert sich dieser Wert nun gegeben meiner Korrektur? Wenn ich recht habe, nehmen wir nicht 59, sondern rund 61,5 Prozent der auf dem Acker produzierten Kalorien am Ende zu uns. das wären 9.460.000.000.000.000 kcal * 0,615 = 5.817.900.000.000.000 kcal. Davon können wir pro Jahr 5.817.900.000.000.000 kcal / (365,25 x 2700 kcal) = 5.899.460.035 Menschen mit der empfohlenen Kalorien-Tagesmenge versorgen, und nicht (9.460.000.000.000.000 kcal * 0,615) kcal / (365,25 x 2700 kcal) = 5.659.644.586 Menschen. Meiner Rechnung nach sind es also nicht ganz 4 Milliarden, sondern rund 3,7 Milliarden Menschen, die wir von unseren Äckern mehr ernähren könnten, würden wir alle dort wachsenden Pflanzen selbst essen, und keine mehr für "Nutztiere", Biokraftstoffe oder andere Zwecke nutzen.

Ergebnis:

Wenn ich hier also alles richtig gemacht habe, wofür ich natürlich nicht garantieren kann, dann folgt:

Cassidy et al. könnten in ihrer Studie vernachlässigt haben, dass "Nutztiere" von den Ackerpflanzen mehr essen können als wir Menschen, und somit auch aus solchen Pflanzenteilen Kalorien oder Proteine ziehen können, die für uns Menschen nicht verwertbar wären. Ich habe versucht, diese Lücke zu füllen und die relevanten Rechnungen zu korrigieren. Mein Ergebnis ist, dass es auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Menschen nicht alles essen können, was Tiere essen, sehr ineffizient bleibt, auf unseren Äckern Futter für "Nutztiere" anzubauen. Die Korrektur ändert kaum etwas an der von Cassidy et al. berechneten Anzahl von Menschen, die wir vom Acker mehr ernähren könnten, würden wir nichts, was dort wächst, mehr an "Nutztiere" verfüttern, sondern es direkt in Pflanzenform der menschenlichen Ernährung zur Verfügung stellen.

 

Quellen:

(1) Joseph Poore - T. Nemeck: Reducing food’s environmental impacts through producers and consumers (Juni 2018), in: Science Vol. 360, Issue 6392, S. 987-992: https://science.sciencemag.org/content/360/6392/987. Supplementary: https://science.sciencemag.org/content/sci/suppl/2018/05/30/360.6392.987.DC1/aaq0216-Poore-SM-revision1.pdf

(2) J. M. Wilkinson: Re-defining efficiency of feed use by livestock (2011), in: Animal 5(7):1014-22: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22440097/, https://www.researchgate.net/publication/221968931_Re-defining_efficiency_of_feed_use_by_livestock, S. 1020.

(3) Alon Shepon - Gidon Eshel - E Noor - Ron Milo: Energy and protein feed-to-food conversion efficiencies in the US and potential food security gains from dietary changes (2016), in: Environmental Research Letters 11(10): https://www.researchgate.net/publication/308889497_Energy_and_protein_feed-to-food_conversion_efficiencies_in_the_US_and_potential_food_security_gains_from_dietary_changes, S. 2.

(4) siehe Intro.

(5) Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO): The contributions of livestock species and breeds to ecosystem services (2016): http://www.fao.org/3/i6482e/i6482e.pdf, S. 4.

(Letzter Zugriff auf alle erwähnten Quellen: 11.04.21)

Fotos:

Kinder: Annie Spratt bei Unsplash: https://unsplash.com/photos/yMPhmB0Qc6Y

Pflücken: wix.com

Acker: Christian Heitz bei Pexels: https://www.pexels.com/de-de/foto/brown-und-green-mountain-view-foto-842711/

Weide: Tyler Lastovich bei Pexels: https://www.pexels.com/de-de/foto/rinderherde-auf-braunem-grasberg-unter-weissem-himmel-850674/

Lebensmittel: waichi2021 bei Pixabay: https://pixabay.com/photos/antioxidant-apple-avocado-5954193/

Protein-Umwandlungs-Effizienz für Tiere, die vom Acker ernährt werden

Protein-Umwandlungs-Effizienz für Tiere, die vom Acker ernährt werden

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