Eine Gefahr breitet sich aus auf der Welt. Hunderte, Tausende, Millionen von Menschen werden krank, leiden, und einige davon sterben. Die Ausbreitung verläuft so schnell, dass Krankenhäusern die Kapazitäten ausgehen. Gerade auch wegen all dieser belastenden und beängstigenden Nachrichten war ich in den letzten Wochen im Grunde auch oft im Positiven erstaunt, und zwar darüber, was auf einmal alles möglich ist. Schulen, Geschäfte, Freizeitangebote usw. auf einmal geschlossen, Ausgangsbeschränkung, Flüge fallen aus, ... Zu derart großen Maßnahmen ist die Politik so schnell bereit, und auch die meisten Menschen (die ich kenne) gestalten von heute auf morgen aus eigenem Antrieb heraus ihr Privatleben um. Sie sagen Treffen ab, besuchen keine Veranstaltungen mehr, gehen seltener und nur noch alleine einkaufen, waschen sich öfter die Hände, halten Abstand und rufen auch auf Facebook zum Daheimbleiben auf. Denn wir wollen vorsichtig sein, die Ansteckungsgefahr minimieren, uns selbst und andere schützen, zusammenhalten. Wir hören auf die Wissenschaft. Ich bin keine Expertin in diesem Gebiet, aber mit allem, was ich weiß, halte ich die meisten Maßnahmen dieser Menschen für sinnvoll und vernünftig, und ich finde es erfreulich, dass die Leute so vorsichtig geworden sind.
Außerdem fühlt es sich richtig toll an, wie alle (zumindest in meinem Umfeld) nun anscheinend zusammen an einem Ziel arbeiten: Sie alle scheinen sich so einig zu sein, dass wir unser Verhalten jetzt ändern müssen und wollen, um uns und andere zu schützen.
So handelt man, wenn man eine Gefahr ernst nimmt, und ich denke, das Coronavirus ist ernst zu nehmen. Ich hoffe, dass möglichst viele Leute zuhause bleiben und wünsche allen, die das lesen, dass sie und ihre Lieben gesund bleiben!
Aber es gibt noch eine weitere Gefahr. Eine Bedrohung für Hunderte, Tausende, Millionen, ... Menschen, unzählige Tiere, Ökosysteme, Spezies...
(unter anderem durch Brände, Überflutung, Stürme, Dürren,...)
Eine Gefahr, deretwegen laut einer Greenpeace-Studie von 2017 schon heute jährlich 21,5 Millionen Menschen auf der Flucht sind, und an der laut einem Umweltschutzbericht von 2009 schon mehr als 300.000 Menschen pro Jahr sterben.
Eine Gefahr, die 99% der Wissenschaftler*innen für menschengemacht hatlen, und die eben auch durch Menschen, durch Vorsicht, durch Umdenken, duch schnelles Handeln und Zusammenhalt aufgehalten werden könnte. Aber gegen die kaum etwas unternommen wird!
Obwohl doch, wie man jetzt sieht, eigentlich so viel möglich und machbar wäre.
Videokonferenzen
weniger fliegen und Auto fahren
Homeoffice
weniger konsumieren
...
Ja, der Klimawandel. Ehrlich gesagt verstand ich die Welt nicht mehr, als das Coronavirus mir gezeigt hat, wieviel seinetwegen NICHT getan wird. Seit Jahren ist es uns doch klar. Seit Jahren gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse und auch konkrete Maßnahmen, von denen wir eigentlich wissen, dass sie effektiv und nötig wären, um die Erde als Lebensraum für viele ihrer derzeitigen Bewohner*innen überhaupt zu erhalten. Auch ist eigentlich klar, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt.
Aber ich denke, wir alle können mit dazu beitragen, dass auch er so ernst genommen wird, wie er ist, und damit auch, dass gegen ihn vorgegangen wird, bevor es zu spät ist. Denn wir alle haben Kontakt zu anderen Menschen und können sie auf Dinge aufmerksam machen. Vielleicht haben wir gemerkt, wie unsere eigene Angst vor dem Coronavirus gewachsen ist, als wir gehört haben, wieviel die Leute in unserem Umfeld davon sprachen und dass sie ihr Verhalten geändert haben, um sich zu schützen. So, wie andere Leute uns auf diese Gefahr vielleicht aufmerksam gemacht haben, können wir sie auch auf andere Gefahren aufmerksam machen. Indem wir wenigstens nicht die Kinder entmutigen, die für das Klima auf die Straße gehen. Indem wir klimaschonend handeln und auch über diese Gefahr so reden, wie – ja – über eine Gefahr. Denn:
Most people (don't) care because most people (don't) care.
Vielleicht kann ich ja anstatt "Vielleicht treffen wir uns lieber erst in ein paar Wochen bzw. skypen lieber, wegen der Ansteckungsgefahr." (woraufhin das Gegenüber meiner Erfahrung nach antwortet: "Natürlich, klar, vertändlich!"), auch mal zu jemandem sagen: "Vielleicht treffen wir uns lieber an einem anderen Tag / zu einer anderen Uhrzeit, dann kann ich mit dem Bus fahren.", oder anstatt "Möchtest du eine Flasche von unserem Desinfektionsmittel, um die Gefahr zu verkleinern?"; sowas wie: "Möchtest du ein Glas von meinem Brotaufstrich? Er ist bio und vegan, und wenn man tierische Produkte durch pflanzliche ersetzt, ist das ja sehr effektiv zur Reduktion der Treibhausgase."
Ich persönlich habe irgendwie Hemmungen davor. Ja, auch auf Facebook verkneife ich mir Klimaschutz-Posts. Weil ich Angst habe, dass es die anderen nerven könnte, und dass sie meinen könnten, ich wolle ihnen "meinen" Klimaschutz aufzwingen oder sie belehren. Ich habe wohl schon zu viel Kritik oder Hetze gesehen und sie, was wirkich eine Schwäche ist, stärker im Kopf behalten als das Lob für Klima-Engagement.
Dabei sollte diese Angst doch beim Thema Klimawandel genauso unbegründet sein wie beim Thema Virus.
Wenn da eine Gefahr ist, für uns selbst, unsere Lieben und für die Welt, dann ist es doch wichtig, dass man sie zusammen angeht, oder? Denn ich denke, im Großen haben wir doch eigentlich alle das gleiche Ziel, so ganz allgemein: wir wünschen uns, dass wir, unsere Nächsten und die anderen Wesen dieser Welt möglichst gesund und glücklich sind. Und das erreichen wir, wenn wir uns vorm Virus schützen und wenn wir uns vorm Klimawandel schützen.
Und vielleicht ist meine Angst bereits tatsächlich unbegründet. Vielleicht würde es niemanden nerven, wenn ich öfter über das Klima sprechen würde, vielleicht fänden viele anderen es gut oder vielleicht würde es sie dazu inspirieren, sich umweltfreundlicher zu verhalten. Und vielleicht zeigt uns die jetzige Situation auch, wie das geht: zusammen eine Gefahr abwenden. Zum Beispiel, wie gesagt, indem man sich einig ist, dass die Gefahr da ist, aber sich ebenfalls einig ist, dass man zusammenhält, wenn man gegen sie vorgeht. Indem wir über unsere Klimaschutzhandlungen mit dem guten Gefühl sprechen, mit dem wir "ich bleibe daheim" posten: "Die anderen werden es gut finden und nicht als Angriff / Besserwisserei verstehen, denn es IST wichtig und besser für alle und gehört zu unserem gemeinsamen Handeln." Und indem wir umgekehrt das Klimaschutzengagement von anderen nicht wie Angeberei sehen oder mit dem Gedanken, dass die jeweilige Person nun auf einen selbst herabschaut oder einem selbst etwas vorschreiben will, sondern eher mit dem Gedanken:
"Das ist gut, und es ist kein Angriff auf mich, sondern ein Teil unserer Zusammenarbeit für eine gesündere Welt."
Denn so ist es gemeint, von mir zumindest, und ich glaube, von vielen anderen auch.
Bitte bleibt gesund!
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Anmerkungen:
- Sicher gibt es Leute, die auch in Bezug auf ihr Engagement gegen das Virus schon Unverständnis oder Gelächter erlebt haben, und die sich deshalb in diesem Text gar nicht wiederfinden. Diese möchte ich nicht übergehen. Ich finde es traurig, dass auch dem Corona-Schutz auf diese Art geschadet wird. Ich schreibe nur meine persönliche Erfahrung: in meinem Umfeld wird nämlich das Virus im Vergleich zum Klimawandel und in Relation zu der jeweiligen Gefährlichkeit doch viel ernster genommen.
- Ja, das Klimawandel ist natürlich nicht die einzige Bedrohung für (Menschen-)Leben, der weniger entgegengewirkt wird, als ihr wahrschinlich entgegengewirkt werden könnte. Auch bei anderen Gefahren verstehe ist das nicht.
- Dieser Text wurde am 25. März 2020 geschrieben und am 17. und 18. April leicht bearbeitet. Er spiegelt also meine persönlichen Erfahrungen aus dieser Zeit wieder, Da sich momentan so schnell so viel ändern kann, bin ich nicht sicher, wie lange er seine Aktualität behält und ob ich, oder ihr auch, vielleicht bald schon einen ganz anderen Eindruck von der Stimmung der Gesellschaft habt.
Quellen:
(letzter Zugriff auf diese Webseiten: 17.04.2020)
(letzter Zugriff auf diese Webseiten: 18.04.2020)
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